Die Umwelt stört mein Verhältnis zu Distanzen erheblich. Vor allem durch das Internet bekommt man viel zu viel von anderen Menschen und ihren Leistungen mit. Und andere Menschen bekommen zu viel von anderen Leitungen mit. Als direkte Folge fällt eine richtige Einschätzung der erbrachten Leistung oft schwer.

Wenn das Gespräch auf sportliche Betätigung kommt und ich eigene Erfahrungen berichte, sind die Reaktionen oft nur schwarz oder weiss. Die erbrachte Leistung wird fast immer falsch eingeschätzt. “Waaaaas, du braucht über 4 Stunden für den Marathon? Der Weltrekord ist doch bei 2 Stunden, oder?” oder “Boah. 4 Stunden! Du bist ja ein echter Supersportler! Der Mann von einer Kollegin ist auch ein toller Läufer, aber der braucht immer über 5 Stunden”.

Was soll aber auch herauskommen, wenn Kinder schon ab dem ersten Tag so viel gelobt werden, statt “das Bild ist doch nur Gekrakel” entgegen gepfeffert zu bekomen? Ne, Spaß. Aber nicht ganz.

Jede Art der Rechtfertigung oder des Versuchs, die eigene Leitung in ein richtiges Licht zu stellen endet mit Unverständnis. Jeder Versuch, meinen Mund zu halten, schlägt leider auch fehl.

Ich habe öfter mal Gedanken, was ich so tun könnte. Warum nicht mal die 300km mit Rad am Wochenende heim fahren? An einem Tag ist es für mich zu viel, also an zwei Tagen. Ist nicht letztens jemand von Leipzig nach Rügen gefahren? 400km an einem Tag? Nö, dann muss ich ja gar nicht mehr anfangen. Langweilig.

Oder mal wieder eine Wandertour. Eine Woche, 180km. Das machen die Ultraläufer doch locker an einem Tag, oder nicht? Doof.

Dann fährt jemand mit dem Rad 2000 km von der Ostsee nach Barcelona. Und wird von der lokalen Presse und Social Media hoch gelobt. Für eine Radtour, die so ähnlich zehntausende im Jahr unternehmen, allerdings nicht öffentlich? Natürlich ist das eine gute Leistung, die man erstmal bringen muss, aber großartige Lobeshymnen hat das eigentlich nicht verdient.

Oder als der Bekannte die 100km von Biel in über 16 Stunden absolviert hat und ich nur mühsam an einer Bewertung der sportlichen Leistung vorbeikam. Seinen Willen habe ich gelobt. Zu Recht.

Und dann geschwiegen.