Der Syltlauf 2013 ist vorbei. Ich konnte brutto die 33,333km in 03:58:11 knapp vor dem Zielschluss finishen. Netto ist wie üblich durch fehlende Akkuleistung und unangebrachte Bedienung des Smartphones nicht verfügbar.
Viele Bausteine haben zusammengepasst, damit diese Punktlandung möglich werden konnte. Die Vorbereitung ist unter den gegebenen Umständen optimal verlaufen, alle geplanten Läufe konnte ich wie vorgesehen beenden.
Der “Tempolauf” vom Freitag hing mir noch ein wenig nach, hat aber wohl nicht nachhaltig geschadet.
Am Tag vor dem Lauf waren zunächst noch 830km Autobahn zu bewältigen, die meine Freundin bravourös komplett allein bewältigt und mir so wichtige Körner bewahrt hat. Wir kamen so auch noch rechtzeitig zur Pastaparty und in den Genuss der leckeren Bolognesesauce. Undenkbar, den Lauf ohne dieses Doping bestreiten zu müssen.
Taktisch klug wurde der Fernseher nicht auf Schlag-den-Raab gestellt, um eine frühe Bettruhe nicht zu gefährden! Die angemessene Kleidung liess mir den ganzen Abend und die Hinfahrt zum Start über keine Ruhe. Angsagt waren regelmässiger Schneefall, 0 Grad und kräftiger Wind. Am Laufmorgen schien dann aber plötzlich die Sonne, wirklich einfacher hat das die Wahl aber nicht gemacht!
Die in den Wind gehaltetene Nase ist fast sofort abgefroren, gefühlte -6 Grad. Kurz undenkbar! Die scheinende Sonne würde mich aber unter der winddichten Kleidung braten. Lang undenkbar! So eine nichtwärmendende Windjacke, die wäre es gewesen, kommt aber nicht im Kleidersack vor! Wie üblich, wenn ich zwischen zu kalt und zu warm entscheiden muss, gewinnt zu kalt.
Aufgrund der Außentemperatur gehe bzw. laufe ich erst Sekunden vorher zum Start, kann Michael & Sina noch einen guten Lauf wünschen und los geht es. Nach knapp 500m lasse ich bereits abreißen und verfolge meinen 6:40-Plan. Unterbrochen von zwei Pinkelpausen hämmere ich stoische 16km mit gleichbleibendem Tempo in den Asphalt. Halbzeit. Die Knochen halten noch. Vor dem Start hat noch so gut wie jeder Knochen in den Füßen und Beinen geschmerzt, im Lauf ist dann wie üblich nicht mehr viel zu merken.
KM 18, Neuland in 2013, so weit hat es mich in der Vorbereitung nicht getragen. 06:40 – das Tempo hält, Beckerfaust. Die Zufriedenheit rächt sich aber sofort, innerhalb von 2 km fällt das Tempo auf 07:00 – 07:10. Bei km 20 haben es die Beine hinter sich. Noch sind es aber 8 Minuten Puffer, um die Strecke in der Gesamtzeit von 4 Stunden schaffen zu können. Mein Vorhaben: erst aussteigen, wenn ich hinter dem Zeitplan hinterherhinke. Ich schleppe mich also dahin, kann aber das Tempo relativ konstant halten.
Die “Steigungen” im Klappholtal kann ich problemlos hinaufschleichen und sogar noch einige arme Seelen einholen. Dann die letzte Verpflegungsstelle. Noch 6-7km, noch 7 Minuten Puffer, Beine müde, aber krampffrei. Der Bus steht bereit, aber es geht weiter. Irgendwann nach Westerland hat sich die Sonne verzogen, der Wind sich leicht gedreht. Jetzt wäre eine Jacke nicht schlecht gewesen… Die letzten Kilometer geht es dann direkt gegen den Ostwind, die Strecke steigt stetig leicht an. Es sind zwar insgesamt nur knapp 92 Höhenmeter, die aber fast komplett auf der zweiten Hälfte liegen.
Genuss ist jetzt nicht mehr vorhanden, die Wanderdüne ist mir egal, die Zielzeit auch. Ankommen wäre jetzt schön. Die letzten Kilomter ziehen sich endlos. Die GPS-Uhr ist ausgefallen, das Telefon weicht seit der Hälfte stark von den Markierungen auf dem Boden ab. Ist es noch 1km, oder doch 1,5? Was ist mit dem Puffer, wenn die gemessene Entfernung falsch ist? Wo ist denn diese Linkskurve? Los! Ist es noch weit? Endlich. Es geht immerhin bergab, zieht sich aber immer noch. Wie ist denn die Zeit, wo ist der Zielkanal? Mimimi, Beinweh. Da, Kurve. Sina springt, Michael knipst, Angeber! Ziel.
Angekommen. Müde. Etwas neben mir schaffe ich es mit einem waren Tee auf eine Bank. Sitzen. Ruhe. Wo ist das Bier, wo der Öffner? Das Öffnen der einen Flasche an der andern gestaltet sich schwierig. Welche Flasche muss nun oben sein? Automatismen funktionieren nicht. Kopfhörerkabel vom Medaillenband entwirren chancenlos. Im Whirlpool der Sylterwelle kann ich mich dann richtig fallen lassen. Der Weg ist durch die Busanreise zwar lang und weit, im Vergleich zu kalten und engen Umkleidekabinenduschen aber sehr lohnend!
Am Ende hat alles gepasst. Die sanfte, aber bestimmte Vorbereitung, die stressfreie Anreise, angenehmes Wetter auf großen Teilen der Strecke und die richtige Schuhwahl. Erst 5 Tage vor dem Lauf hatte ich mir den adidas energy boost gekauft. Eigentlich wollte ich nur Gel kaufen, aber eine kurze Anproben hat mich angefixt. Der Schuh trägt sich leicht und angenehm, ist durchaus mit meinem bisherigen Lieblingsschuh Lunarglide zu vergleichen. Die Speedcross hatten meinen Zehen stark zugesetzt, die anderen zwei zur Verfügung stehenden Paare sind auch recht neu und beide noch nicht so richtig im Regal angekommen.

Ein früheres Ende des Laufes wäre nicht nur wahrscheinlich, sondern auch nicht schlimm gewesen. Böse bin ich aber mit der aktuellen Entwicklung nicht, die Zufälligkeit und die gehörige Portion Glück sind mir auch sehr bewusst.
Die beiden erfolgreichen Teilnahmen der letzten Jahre mit teilweise ähnlich schwieriger Vorbereitung haben dem Kopf natürlich Sicherheit gegeben, das “eingeplante” und akzeptierte DNF die nötige Lockerheit. Es darf auch ruhig mal einiges zusammenpassen.

Syltlauf, wir sehen uns wieder!

Nachwort: die vergessenen Läufer von Sylt.

Leider sind mir wie im Vorvorjahr die Schicksale vieler Leidensgenossen der Nachhut unbekannt. Durch den rigorosen Zielschluss nach 4 Stunden und der Nichtaufnahme in die Ergebnisliste bleibt ihr weiterer Rennverlauf unbekannt. Missachtet, vergessen, DNF.