Das wirkliche Ziel war nicht der Syltlauf, sondern das Durchhalten der zehnwöchigen Trainingsphase verbunden mit der Gewichtsabnahme. Der Syltlauf selbst war dann eher ein störendes Element, das einer Fortführung der Trainingsphase im Wege stand. Entsprechend entspannt verlief dann auch die Woche vor dem Lauf. Nach 9 Wochen mit kontrolliertem Essen standen die Zeichen auf Sünden, selbst auf der Hinfahrt gab es nicht nur 2 Frantzbrötchen zum Frühstück (wenn man schon mal in Hamburg ist), sondern auch noch einen Burger (Aktionsburger zum günstigen Preis, kommt NIE wieder ;)).

Durch die Zugfahrt und eine unverschämt frühe Startzeit waren wir, der MagicMike und ich, schon vor 14 Uhr auf der Insel. Ursprünglich wollte ich mir direkt ein Fahrrad mieten, wurde aber von Mike davon abgehalten, der sich sinnvollerweise nicht die Beine am Tag zuvor ruinieren wollte. Auf der Pastaparty wurden wir dann ernsthaft sabotiert: die Portion war kleiner als ein Seniorenteller im Krankenhaus! Im Glauben an die zweite Portion habe ich meinen Teller nur gedanklich schreiend entgegen genommen. Gefühlte und ungefüllte Sekunden später wurde dann aber der Nachschlag mit Hinweis auf die Grundversorgung aller verweigert, knapp 30 Minuten später aber dann doch gewährt. In der Zeit schauten wir neidisch auf die Teller der anderen Läufer, die teilweise einen Wagen benötigt haben, weil ihr Teller so überladen war. Geschmacklich gab es aber wie üblich nichts zu meckern.

Den Lauf selbst haben wir dann im Irish Pub geplant, Guinness & Cider sollen sich ja hervorragend über Nacht in Energie verwandeln. (Edit: Jetzt habe ich so lange mit dem Bericht “gewartet”, dass ich mich kaum noch an Einzelheiten erinnern kann. Entsprechend kurz & schnell wird es jetzt weitergehen)

Renntag: Wir kommen problemlos im Bad aneinander vorbei und kommen pünktlich zum Bus, der uns nach Hörnum bringt. Dieses Jahr ist das Klo im Geheimgang auch wieder geöffnet, so dass einer entspannten Vorbereitung nichts im Wege steht oder sitzt. Die Wettervorhersagen waren unterschiedlich, aber ein starker Wind setzte sich als Trend durch, daher trage ich auch eine sehr dünne, nicht wärmende Jacke als Windschutz, um in meinen zu erwartenden vier Stunden nicht völlig auszukühlen.

Auch wegen des kurzen Beinkleides beschränke ich die Zeit draußen auf ein Minimum, muss dann aber doch etwas sehr zum Start hetzen und zerkratze mir Beine etwas an Dornen. Wäre ich doch mal etwas früher und außenr BUMM Los geht’s. 30 Sekunden später passiere ich auch die Startlinie. Kein Piepser d.h. ich bin direkt 30s hinter der Zeit, die nach 4:00:00 gnadenlos abläuft. Die folgenden Minuten kenne ich schon aus den Vorjahren: Von hinten kommen ca. 50 Menschen, dann ist Ruhe. Ein Schulterblick zeigt noch einen Walker, das war es. Nach 1km passiere ich dann die erste Staffelläuferin, die bereits jetzt gehen muss und auch nie wieder gesehen wird. Als dann der Weg von der Straße auf den Radweg geleitet wird, befinde ich mich unfreiwillig in einem kleinen Pulk. Zu allem Überfluss schneidet mich eine Läuferin, setzt sich direkt vor mich und nimmt erst mal Tempo raus. “Uff, den habe ich eingesammelt. Erst mal ausruhen”. Ihr Mann begleitet sie, obwohl er deutlich schneller laufen könnte. Immer wieder fällt er einen Meter zurück, um direkt wieder zwei nach vorne ff. Ich bin nicht wirklich entspannt und ärgere mich wie üblich. Wir laufen so 6:50, also genau in meiner geplanten Geschwindigkeit. Ich ruiniere doch mein Rennen nicht und ziehe unnötig an! Idealerweise kann ich eine Pinkelpause einlegen und das Problem so auf natürliche Weise lösen. Bei km 9 trinke ich etwas und muss direkt wieder austreten. Ich beschließe, von nun an auf weitere Getränke zu verzichten, um keine unnötige Zeit wegen Pinkelpausen mehr zu verlieren.

Kurz vor Westerland kommen dann wieder diese zwei Stellen, an denen man vortrefflich abkürzen und/oder seinen Mitläufern zwischen den Füßen rumlaufen kann. Natürlich auch so in diesem Jahr. Ich könnte natürlich auch ebenfalls abkürzen, nutze aber den Ärger lieber für die Zurückrundung und laufe mit einem klaren Geschwindigkeitsplus weiter. Den Anstieg zur Promenade nehme ich ebenfalls mit Tempo und fliege förmlich an den Massen vorbei, vermutlich mit 6:20 :) In Westerland beginnt dann meine Lieblingshälfte. Da ich mein Anfangstempo nach km10 sogar leicht erhöhen konnte, habe ich momentan ca. 2-3 Minuten Vorsprung. Auf dem Feld zwischen Wenningstedt und Kampen soll dann der langsamste Kilometer des Tages folgen: Freies Feld und direkter Gegenwind. Ich kämpfe dagegen an und hoffe, daß die Dünen auf der weiteren Strecke etwas Schutz bieten werden. Irgendwie ist es aber so, als hätten sich die Beine durch den Kampf freigelaufen. Ich behalte die Kraft vom Kampf gegen den Wind bei und bewege mich in Zukunft mit 6:20 – 6:30 vorwärts. Als direkte Folge kann ich Massen von Läufern einholen, von denen eine hohe Zahl gehen muss. Mit einem Läufer spiele ich lange Pingpong. Gehen, ich überhole, Laufen, ich werde überholt usw. Irgendwann ist aber dann auch er weg. Die lange Anstiege laufe ich ebenfalls ohne Geschwindigkeitsverlust und kann so in den flachen Passagen das Tempo weiter erhöhen. Auf den letzten Kilometern weht der Wind dann wieder stark, aber ich gebe weiterhin nicht klein bei und halte das Tempo. 500m vor dem Ziel hat meine Uhr dann die 33,333km voll und piept freudig – was für ein Demotivator. Es wird als nicht mit der “Traumzeit”, da noch knapp 3 Minuten hinzukommen. Trotz eines 20m-Zielspurts bleibt die Uhr offiziell bei 3:50:00000001 stehe. Was soll’s? Negativer Split, Hälfte zwei 8 Minuten schneller. Jetzt bin ich aber auch ganz schön kaputt!

Herumlungen im Whirlpool, lecker Bierchen und ich war wieder bereit für einen flotten Fußmarsch zum Abendessen. Ein Hoch auf meine anständige Vorbereitung.

Nachwehen: der erste Lauf drei Tage später ging noch problemlos, danach meldeten sich direkt die Achillessehnen. Wieder weiß ich aber nicht, ob das Folge des Laufes oder Reaktion auf die Wiedereinahme der Blutdrucksenker ist. Seitdem trabe ich regelmäßig jeden Sonntag einige Kilometer und verliere wieder Form und Form ;) Plötzlich kam aber der Wings for Life World Run, bei dem wieder problemlose 15km in hohem Tempo (6:10) gingen, ohne Schmerzen. Vielleicht brauche ich einfach ein Ziel.