Karlsruhe, 18 Uhr, dunkel. Ein Mann, zwei Schuhe, ein Plan. Matsch, Hörbuch, Kanal. Sylt kommt, aber die Erkältung verschwindet nicht komplett aus meinem Körper. Ich merke, wie sie noch versteckt lauert und auf die nächste Gelegenheit zum Ausbruch wartet. Kaum kommt etwas kalte Luft an meinem Hals, wird mir sofort kalt und ich muss husten. Sehr ungewöhnlich für mich! Daher ziehe ich mir momentan auch bei Plusgraden eine lange Tight und eine Jacke an. Aufgrund der Erkältung laufe ich sehr selten und zurückhaltend, immer so 5-6km. So auch gestern. Ich habe den langsamsten Lauf absolviert, an den ich mich erinnern kann. 6km in 47 Minuten. Direkt von der Arbeit aus bin ich auf einen Feldweg abgebogen, der einem Bachlauf folgt. Wenn es innerhalb der letzten Woche geregnet hat, ist der Weg fast unpassierbar. So rutschte und schlitterte ich den ersten km in 8:04 dahin. Meine Stirnlampe konnte den Untergrund nicht so erhellen, dass morastige Stellen von Pfützen unterschieden werden konnten. Platsch. Ich biege ab, und folge einem weiteren Wasserlauf, natürlich weiterhin unbeleuchtet. Auf meinen Ohren ein Winterkrimi. Über einen Mann, der allein in einer Berghütte ist. Verloren. Alleingelassen. Verraten. Matt spiegelt sich Licht von einer benachbarten Straße im Wasser und reflektiert auf einem achtlos hingeworfenen Fahrrad. Ist da noch jemand? Ein paar Meter weiter überquere ich den Kanal auf einer Brücke. In der Ferne leuchtet ein rotes Licht am anderen Ufer. Ich komme näher und erkenne es als Grablicht. Daneben steht ein Kreuz. Auf dem Kreuz ein Photo eines kleinen Kindes. In meinem Hörbuch vergiftet eine Frau den ehemaligen Geliebten ihrer verstorbenen Mutter. Es ist immer noch dunkel, es ist kalt, ich muss schlucken. Was ist hier wohl passiert? Will ich es wissen? Nach einigen Metern habe ich meinen Wendepunkt erreicht und kehre um. Wieder leuchtet das rote Licht in der Ferne. Meine Stirnlampe ist die einzige andere Lichtquelle. Ich muss wieder schlucken und sauge ungewollt die Stimmung auf. Tiefe Traurigkeit umhüllt mich, vergangene Gedanken tauchen aus der tiefe der Seele auf. Eine Millisekunde denke ich daran, diesen Augenblick photographisch festzuhalten, aber ich habe das Gefühl. damit diesen Ort zu entweihen, der nicht mir gehört. Wenn ich die Augen schließe, kann ich das Licht noch erkennen. Hier darf es sein.